Dienstag, 15. September 2020

Felix Ever After von Kacen Callender - Review


“I’m not flaunting anything. I’m just existing. This is me. I can’t hide myself. I can’t disappear. And even if I could, I don’t fucking want to. I have the same right to be here. I have the same right to exist.” - Kacen Callender

Zum Buch

Titel: Felix Ever After

Autor: Kacen Callender

Verlag: Balzer + Bray

Umfang: 368 Seiten (Hardcover)

Inhalt

Felix Love war noch nie verliebt - und ja, ihm ist bewusst, wie ironisch das ist. Er will unbedingt wissen, wie es sich anfühlt, jemanden zu lieben und wieso es allen anderen so leicht zu fallen scheint. Aber manchmal macht er sich Sorgen, dass er, obwohl er stolz auf seine Identität ist, eine Marginalisierung zu viel ist, um sein glückliches Ende zu finden: Schwarz, queer und transgender.

Als ein anonymer Schüler anfängt, ihm transphobe Nachrichten zu schicken, nachdem er Felix` Deadname und alte Fotos veröffentlicht hat, will Felix sich unbedingt rächen. Womit er nicht gerechnet hat: dass ihn sein Catfish-Plan in einen Love Triangle führen würde. 

Während er seine komplizierten Gefühle zu verstehen versucht, beginnt Felix eine Entwicklung von questioning und Selbstentdeckung, die ihm dabei hilft, seine wichtigste Beziehung neu zu definieren: wie er sich selber fühlt. 

Meine Meinung

Spoilerwarnung! 

Triggerwarnung: Transphobie, Homophobie, Rassismus, Vernachlässigung durch Eltern, Drogen- und Alkoholmissbrauch

Manchmal kann es nerven, wenn immer nur darüber gesprochen wird, wie wichtig ein Buch ist. Aber manchmal ist es auch einfach wahr. "Felix Ever After" ist eines der wichtigsten Bücher, die ich je gelesen habe. Young Adult ist ein Genre, welches in den letzten Jahren immer wie diverser wurde. Trotzdem gibt es noch viel zu viele Menschen, die sich selber nie oder kaum je in diesen Geschichten wiederfinden können. 

Als ich das erste Mal von "Felix Ever After" gehört habe, habe ich mir überlegt, ob ich überhaupt schon einmal ein Buch mit einer transgender Hauptperson gelesen habe. Die einzigen Bücher, die mir auf die Schnelle eingefallen sind, waren "I Was Born for This" von Alice Oseman und "Birthday" & "If I Was Your Girl" von Meredith Russo. Was nicht gerade viel ist. Umso erfreulicher also, dass "Felix Ever After" momentan gefühlt überall ist.

Die Geschichte in diesem Buch führt uns ins Leben von Felix Love, der mit seinem Vater und seiner Katze in einer kleinen Wohnung in Harlem lebt. Es ist Sommer und die meiste Zeit verbringt Felix mit seinem besten Freund Ezra, der ein eigenes Loft hat, da seine Eltern reich sind und ihm zwar weder Aufmerksamkeit noch Zuneigung, dafür aber Geld geben. Die beiden besuchen einen Sommerkurs an ihrer New Yorker Kunstschule, um Extra Credit für die College Bewerbungen zu sammeln. 

Felix hat in der Schule nicht besonders viele Freunde. Eigentlich nur Ezra. Seine restlichen Kontakte kennt er grösstenteils nur durch seinen besten Freund, was für ihn aber okay ist. Als eines Tages riesige Plakate mit alten Fotos von ihm und seinem Deadname in der Lobby der Schule "ausgestellt" werden, bricht für Felix eine Welt zusammen. Warum würde ihn jemand so sehr verletzen wollen? Schnell ist klar, dass er Rache ausüben will - und er ist sich auch schon sicher, wer hinter der Galerie stecken muss: Ezras Ex, Declan, der seit der Trennung immer nur fies zu den beiden ist. Über einen Fake Instagram-Account freundet sich Felix mit Declan an, doch dann kommt alles anders als geplant. 

Die Charakteren in diesem Buch sind keineswegs perfekt. Sie haben alle Probleme, sind nicht immer nett und tun manchmal Dinge, die man einfach nicht verstehen kann. Und genau das macht sie so echt. Es sind runde Charakteren mit Leidenschaft und Ängsten, realen Emotionen und Träumen. Darum fiebert man auch ab Seite 1 mit. Als Leserin wollte ich einfach nur, dass Felix glücklich ist und realisiert, dass er Liebe verdient. 

Felix ist ein komplexer Protagonist. Im Laufe des Buches beginnt er seine Identität zu hinterfragen, weil er mit der Bezeichnung "Mann" nicht immer hundertprozentig glücklich ist. Als Leser*in bekommt man einen nuancierten Einblick in diesen Prozess und die Emotionen und Gefühle, die davon ausgelöst werden. 

Ezra ist ein absolut liebenswerter Charakter. Am liebsten würde man ihn einfach mal in den Arm nehmen, denn für ihn war das Leben trotz dem Privileg reicher Eltern nicht einfach. Seine Eltern zeigen nie Interesse an ihm, ausser für sie springt dabei etwas raus. Er weiss nicht so wirklich, was er mit seinem Leben machen will. Und in der Liebe ist er auch nicht gerade erfolgreich.

Besonders toll fand ich, wie Callender Declan geschrieben hat. Zu Beginn des Buches war er mir total unsympathisch und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich das im Laufe der Geschichte ändern würde. Aber nach und nach bekam ich einen tieferen Einblick in sein Leben und sein wahres Ich und auch wenn ich ihn am Ende nicht ganz so toll fand wie Felix und Ezra, ist er doch ein sehr gut geschriebener und auf seine eigene Weise liebenswerter Charakter. 

Natürlich gab es noch weitere Personen im Buch. Da war zum Beispiel Felix` Vater, der vielschichtig porträtiert wurde. Oder Leah über die ich auch liebend gerne ein gesamtes Buch lesen würde. Alles in allem finde ich, dass wirklich alle Personen in dieser Geschichte sehr dreidimensional dargestellt wurden und dem Plot viel Tiefe verleiht haben. 

Auch die Geschichte an sich war spannend. Ich bin normalerweise nicht unbedingt ein Fan von Love Triangles, doch hier fand ich es für einmal richtig interessant, weil ich selber nicht sicher war, wen ich jetzt gerne zusammen sehen würde und mit welcher Lösung ich am glücklichsten wäre. Ich kann nur so viel sagen: Schlussendlich ist genau das Richtige passiert und ich hätte über das Ende nicht glücklicher sein können. 

Neben Freundschaft, Liebe und dem Racheplan war auch Felix` Suche nach seiner Identität ein grosses Thema und ich glaube, genau das ist der Grund weshalb dieses Buch so wichtig ist. Ich denke, viele Menschen glauben immer noch sehr stark an ein binäres Geschlechtersystem, wonach sich zum Beispiel ein Transgender Mann zu hundert Prozent als Mann fühlen muss und sich auch nach den typischen männlichen Stereotypen richten muss. Dass das so nicht stimmt, wird hoffentlich immer mehr Leuten klar. Felix ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Er sagt ganz klar, dass er Transgender ist, denn er weiss, dass er auf keinen Fall weiblich ist. Doch er sagt auch, dass es Tage oder Momente gibt, in denen sich auch das Wort "Mann" falsch anfühlt - und an wiederum andern Tagen ist es genau der richtige Begriff für seine Identität. Dadurch öffnet sich der Weg zu den vielen weiteren Identitäten, die es gibt. Nicht jeder Mensch ist cis, genauso wenig wie jeder Mensch eine Transgender Frau oder ein Transgender Mann ist. Was dieses Thema betrifft, habe ich genauso wie viele andere Menschen noch viel zu lernen. Ein Buch wie "Felix Ever After" ist perfekt, um sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen das Thema näher zu bringen und hoffentlich das ein oder andere Gespräch zu entfachen.

Zu guter Letzt muss ich noch das Cover ansprechen, weil es so unglaublich perfekt ist. Ich liebe die Farben, ich liebe, dass man Felix` Narben sieht, dass er eine Blumenkrone trägt und eigentlich einfach alles an der Gestaltung dieses Buches! 5/5 Sternen, eine definitive Empfehlung.

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