Sonntag, 19. April 2020

25 Stunden in Vancouver - Das abrupte Ende meiner Reise



Nachdem ich im Dezember zuerst ein paar Tage in Singapur, dann ganze zwei Monate in Australien und anfangs 2020 dann auch noch eineinhalb Monate in Neuseeland verbracht habe, hätte Kanada den Abschluss meiner Reise bilden sollen. Geplant war ein Monat, um mir die grössten Städte und möglichst viel der Natur anzuschauen. Dank Corona kam das dann aber etwas anders als geplant...

Am 15. März ging abends mein Flug von Auckland nach Vancouver. Mich erwarteten dreizehn Stunden in einem Flugzeug, worauf ich mich nicht wirklich freute. Glücklicherweise gab es aber ein gutes Filmangebot und ich habe mir schlussendlich ganze drei Filme auf der langen Reise angeschaut: A Rainy Day in New York (etwas seltsam), Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (richtig gut aber auch sehr heftig) und Knives Out (sehr unterhaltsam).

Als ich dann endlich in Kanada ankam, war immer noch der 15. März und erst Mittag, weil die Zeitverschiebung so gross war. Am Flughafen merkte ich dann auch schon die ersten Anzeichen dafür, dass der geplante Rest meiner Reise vielleicht doch nicht ganz so ablaufen würde, wie ich mir das erträumt hatte. Überall standen Schilder mit Mahnungen und Vorsichtsmassnahmen. Bei der Einreise bekam man zusätzliche Unterlagen mit Informationen zum Coronavirus. Viele Leute trugen Mundschutz und alle paar Meter gab es eine Desinfektionsmittelstation. Auf grossen Fernsehern, die in der Ankunftshalle an der Wand hingen, liefen in Dauerschlaufe Nachrichten - alle samt zum Virus.


Schon während den letzten zwei Wochen in Neuseeland bin ich langsam etwas nervös geworden, weil ich mir Sorgen machte, dass ich vielleicht nicht mehr nach Kanada fliegen könnte. Als mein Flug dann aber ganz normal ankam, war ich total froh und dachte zuerst schon, dass nun alles gut werden würde. Aber nach der seltsamen Stimmung im Flughafen war ich mir da nicht mehr ganz so sicher. 

Nachdem ich meinen Rucksack geschnappt hatte, verliess ich das Flughafengebäude und wurde gleich erstmal geschockt von der Kälte. Ich trug zwar mehrere Schichten und einen Schal gegen die Kälte aber trotzdem fror ich fast augenblicklich und war froh, als ich dann endlich in der Bahn sass, die mich in die Stadt brachte. 

Mein Hostel lag sehr zentral. Ich schlief im Samesun Vancouver, welches ich auch wirklich empfehlen kann, obwohl ich leider nur eine Nacht statt wie geplant eine Woche dort war. Im Hostel angekommen, ging ich erst einmal ins Zimmer, weil ich vom langen Flug extrem müde war. Dort googelte ich dann nach sämtlichen News zum Virus, was nicht gerade half, um mich zu beruhigen... Als mir dann meine Mutter anrief, wurde klar, dass ich mich entscheiden musste: Bleiben und riskieren, dass ich längers nicht nach Hause kann oder möglichst schnell einen Flug buchen und sofort nach Hause kommen. 


Die Entscheidung fiel mir extrem schwer. Ich habe mich sosehr auf Kanada gefreut, mir im Kopf schon sämtliche Szenarien vorgestellt, mich beim Snowboarden gesehen, Orte auf Bildern angeschaut und auch bereits ein Treffen mit jemandem arrangiert, den ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte... Und nun sollte ich auf all das verzichten? Gleichzeitig hatte ich total Angst, dass ich dann plötzlich irgendwo in Kanada festsitzen würde und nicht mehr nach Hause käme. Ich hätte nicht gewusst, was ich in der Situation getan hätte. Schliesslich kenne ich bloss eine Person im ganzen Land und diese auch nicht besonders gut. 

Ich überlegte sehr lange hin und her, ging abends noch etwas essen, während ich mir weiter Gedanken machte (Hungry Guys hiess der Laden, glaub ich. sehr leckere Salate) und sprach mit einigen Leuten, sowohl Reisenden als auch Hostelangestellten. Spät abends entschied ich mich dann schlussendlich für den Heimflug. Denn immer mehr Läden und Restaurants und Attraktion schlossen auch in Kanada und mir wurde bewusst, dass ich, selbst wenn ich bleibe, niemals alles sehen könnte, was ich wollte und mir zudem auch viel zu viele Sorgen machen würde. Also rief ich schweren Herzens erneut meiner Mutter an und organisierte mit ihr zusammen einen Heimflug für den nächsten Tag.

Viel schlafen konnte ich nicht in dieser Nacht, denn obwohl ich von meinem Flug erschöpft war, gingen mir viel zu viele Gedanken durch den Kopf und ich war zu nervös. Denn es war auch nicht klar, ob der Flug am nächsten Tag tatsächlich fliegen würde. Ich telefonierte noch bis spätabends mit einer Freundin, die mich einigermassen beruhigen konnte und versuchte dann doch noch ein paar Stunden zu schlafen.


Am nächsten Morgen frühstückte ich mit ein paar netten Leuten aus meinem Zimmer, bevor ich meinen Rucksack packte und sechs Nächte zu früh aus meinem Hostel auscheckte. Ich war viel zu früh am Flughafen, weil ich einfach nichts riskieren wollte. Die Wartezeit vertrieb ich mir mit Lesen und nervös sein und dann konnte ich endlich einsteigen. Der Flieger war komplett voll mit Passagieren, die fast allesamt früher als geplant heimreisen mussten. In der Nacht wurde in der Schweiz der Nationale Notstand ausgerufen und es hiess, dass alle Schweizer*innen, die sich im Ausland aufhielten, so schnell wie möglich heimkehren sollten. Das war für mich zumindest einigermassen eine Bestätigung, dass ich mich richtig entschieden hatte.

Auf dem Heimflug konnte ich überhaupt nicht schlafen. Ich starrte aus dem Fenster und sah die Berge vorbeiziehen, die ich eigentlich von Nahe hätte sehen sollen und schaute erneut Filme. Am frühen Morgen vom 17. März kam ich dann in Frankfurt an, wo ich zwischenlanden musste. Auch an diesem Flughafen war die Stimmung sehr seltsam. Dann musste ich ein letztes Mal in ein Flugzeug steigen, um von Frankfurt nach Zürich zu fliegen. Dieses Flugzeug war halbleer, weil viele Passagiere nicht mitdurften, da die Schweiz über Nacht die Einreisebedingungen verschärft hatte. 

In Zürich war der Flughafen praktisch komplett leer. Wir wurden von der Polizei empfangen, die uns nur in kleinen Gruppen ins Gebäude liessen und unsere Pässe kontrollierten. Es war fast schon gespenstig sämtliche Bereiche des Flughafens so leer zu sehen. Ich wurde in Zürich von meiner Mutter abgeholt und das war dann auch schon das Ende meiner Reise.


Die letzten Tage meiner Reise waren wirklich verrückt. Es war stressig und traurig und schade, ich bin aber auch froh, frühzeitig nach Hause gegangen zu sein, denn ich könnte mir nicht vorstellen, jetzt alleine in einem fremden Land zu sein. Ich hoffe, dass ich meine Kanadareise eines Tages nachholen kann und bis dann hoffe ich, dass sich die Lage wieder verbessert und möglichst viele Leute gesund aus dieser Krise rauskommen.

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